Die „glorreichen Sieben“ ist als einer der besten Western in die Filmhistorie eingegangen. Erzählt wurde die Geschichte von sieben amerikanischen Revolverhelden, die einem durch Banditen belagerten Dorf in Mexiko zur Hilfe eilten. Heutzutage entwickelt sich eine andere Geschichte zwischen den USA und dem südlichen Nachbarn Mexiko. Diesmal eilt Amerika nicht zur Rettung, sondern gibt vielmehr den Bösewicht. Die Einstellung des QE-Programms durch die Federal Reserve hat zu einer globalen Abschwächung des Wirtschaftswachstums geführt, das vor allem Mexiko fest im Griff hält.

Mit freundlicher Genehmigung von James Rickards und The Daily Reckoning / Agora Publishing

Die meilenlange, gemeinsame Landesgrenze zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko hat sich in jüngster Zeit wiederholt in den medialen Schlagzeilen widergefunden. Heutzutage sind die USA und Mexiko in einer deutlich komplexeren Weise als einzig und allein über diese gemeinsame Landesgrenze miteinander verbunden.

Diese Verknüpfungen können sich als positiv für beide Ökonomien erweisen, wenn sich das Wirtschaftswachstum als robust erweist und der bilaterale Handel expandiert. Doch genau das Gegenteil ist nun zur Realität geworden. Wenn sich das Wachstum in den USA abschwächt, ist es Mexiko nicht möglich, die daraus resultierenden Konsequenzen zu vermeiden.

Und wenn sich Mexikos Wirtschaftswachstum darüber hinaus von allein abschwächt, führen diese beiden Abschwünge in beiden Staaten zu einer sich gegenseitig intensivierenden Rückkopplungsschleife. Diese Rückkopplungsschleife wirkt sich sehr negativ auf Mexikos Kapitalmärkte aus.

Ich bin in meiner Analyse darauf spezialisiert, geopolitische Entwicklungen mit einer dynamischen Systemanalyse zu kombinieren. Ich tue dies, um Instabilitäten an den globalen Kapitalmärkten zu identifizieren, bevor diese Instabilitäten sich irgendwann zu einem Kollaps auswachsen.

Mexiko am Rande eines Kollapses

Diese Zeitpunkte des Einsetzen eines Kollapses werden durch Physiker als Transitionsphasen bezeichnet. Physiker studieren solche Phänomene in anderen Systemen. Mexiko erweckt den Eindruck, als ob dessen Wirtschaft am Rande eines solchen Kollapses stehen könnte. Im Fall von Mexiko handelt es sich nach Kanada und China um den drittgrößten Handelspartner der Vereinigten Staaten.

Mexiko unterhält ebenfalls wichtige Handelspartnerschaften zu China und Kanada, die sich insbesondere im Zuge der Vereinbarung zum Freihandelsabkommen NAFTA ausweiteten. All diese vier Wirtschaftsräume – die USA, China, Kanada und Mexiko – schwächen sich zurzeit teils deutlich ab.

Kanada befindet sich offiziell bereits in einer neuen Rezession. In Mexiko und den USA könnte ein solches Ereignis nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen. China befindet sich technisch zwar nicht in einer Rezession. Doch diese Tatsache basiert teilweise darauf, dass das Reich der Mitte von einem recht hohen Wachstumsniveau herunterkommt.

Der Wachstumsabschwung in China (von etwa 8% in den letzten Jahren auf heutzutage 5%, wenn die Fehlinvestitionen aus dem BIP herausgerechnet werden) spiegelt die massiven Verluste im Hinblick auf eine verloren gegangene Produktion wider, selbst da sich die Produktionsdaten noch immer im positiven Bereich befinden.

Haupthandelspartner von Mexiko im Abschwung

Es ist schwierig nicht davon auszugehen, dass Mexiko im aktuellen Umfeld um den Eintritt in eine Rezession herumkommen wird. Zumal alle Haupthandelspartner Mexikos selbst mit einem Abschwung zu kämpfen haben und aus diesem Grund auf die Bremse treten. Mexiko blickt zudem auf eine ganze Reihe von hausgemachten Wirtschaftsproblemen, die sich nicht aus einem sich abschwächenden Wachstum unter seinen Haupthandelspartner ableiten.

Am augenfälligsten ist der sich in den letzten zwölf Monaten abspielende Preiseinbruch an den Erdölmärkten. Der Ölpreiscrash wirkt sich sowohl negativ auf Kanada als auch auf die USA aus, doch Mexiko hängt noch weitaus stärker von seinem Energie- und Rohstoffsektor ab, als seine nordamerikanischen Nachbarn.

Über 30% des mexikanischen Regierungsbudgets entstammen aus veranschlagten Einnahmen, die mit der heimischen Erdölindustrie in Verbindung stehen. Und somit gehen Preisrückgänge an den Energiemärkten mit Rückgängen der Regierungseinnahmen Hand in Hand. Eben jene Preisrückgänge erschweren es Mexikos Regierung, in diesem Umfeld antizyklische Schritte einzuleiten, wenn der Privatsektor des Landes schrumpft.

Bankensektor hauptsächlich im ausländischen Besitz

Mexiko erweist sich ebenfalls als verletzlich, weil der Bankensektor des Landes nicht nur stark konzentriert ist, sondern sich auch größtenteils in ausländischem Besitz befindet. In einem jüngsten Bericht teilte Analystin Nomi Prins mit, dass nur fünf mexikanische Banken 72% der gesamten Vermögenswerte des Landes halten.

Nur zwei von diesen Banken – Banamex und Bancomer – besitzen 38% der durch Banken gehaltenen Vermögenswerte. Banamex wird durch die Citibank und Bancomer durch die spanische Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (BBVA) kontrolliert. Diese Konzentration im mexikanischen Bankensystem, das sich in amerikanischen und europäischen Händen befindet, bedeutet, dass Mexikos Wirtschaft die Liquidität aus Gründen abgedreht werden kann, die nichts mit Mexikos ökonomischer Entwicklung zu tun haben.

Wenn sich amerikanische und europäische Banken dazu entscheiden, sich aufgrund der verschärften Regularien im Hinblick auf die aus Basel III hervorgehenden Bestimmungen aus der Darlehensvergabe zurückzuziehen , werden die mexikanischen Kreditmärkte einen Kollateralschaden erleiden.

Selben Probleme, wie andere Schwellenländer

Mexiko blickt auf eine Reihe derselben Probleme, die auch anderen Schwellenländern geläufig sind. Diese Märkte, zu denen unter anderem Mexiko, Malaysia, Südkorea und die Türkei zählen, haben sich im US-Nullzinsumfeld allesamt bis über beide Ohren auf Basis von US-Dollarkrediten verschuldet.

Wenn heimische Unternehmen in diesen Ländern vor die Wahl gestellt werden, sich auf Basis der heimischen Währung – zu sagen wir 6% – zu verschulden, oder US-Dollarkredite zu 3% oder weniger aufzunehmen, bevorzugen diese Unternehmen natürlich eine Verschuldung auf Basis von US-Dollarkrediten.

Selbstverständlich gehen die Kreditnehmer stets davon aus, dass sich die Wechselkursrate ihrer eigenen Währungen stabil gegenüber dem US-Dollar halten wird. Und eben jene Annahme erweist sich allzu oft als gänzlich falsch. Der US-Dollar ist zuletzt auf sein höchstes Niveau innerhalb der vergangenen zehn Jahre geklettert.

Somit sind nahezu alle Einsparungen im Hinblick auf die einstige US-Dollarkreditaufnahme durch die Wechselkursänderungen aufgefressen worden. Einige dieser Verluste sind in den letzten Jahren über verschiedene Instrumente abgesichert worden. Doch viele dieser Absicherung laufen in diesem Jahr aus, so dass sich die Verluste beginnen aufzutürmen.

Insolvenzwelle im Energiesektor

Zahlungsausfälle und Insolvenzen werden nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen. Diese durch den Höhenflug des US-Dollars ausgelösten Zahlungsausfälle gesellen sich zu der durch die Lage im Energiesektor ausgelösten Insolvenzwelle. Die meisten der einst im Ölexplorationssektor gestarteten Projekte basierten auf der Annahme, dass die Erdölpreise in den nächsten Jahren mindestens bei $70 pro Fass oder höher notieren würden.

Nun, da die Ölpreise auf einem deutlich niedrigeren Niveau gehandelt werden, erweisen sich viele dieser Projekte nicht mehr als wirtschaftlich und ertragreich. Abgesehen von etwaigen Zahlungsausfällen, blickt der internationale Ölsektor auf Massenentlassungen und eine starke Reduktion der Kapitalausgaben.

Diese Entwicklung wird zusätzlich zu dem Wirtschaftsabschwung beitragen, der sich bereits in den Handels- und Finanzsektoren abzeichnet. Mexiko ist ein Modellstaat unter den Schwellenländern gewesen, der die politische Leitlinie des Washington Consensus willkommen hieß.

Diese Leitlinie basiert auf einer frei konvertierbaren Währung, liberalisierten Kapitalmärkten sowie einer floatenden Wechselkursrate. Diese Eckpunkte erweisen sich solange als vorteilhaft, solange Kapital in eine Wirtschaft hineinfließt. Dabei gleicht diese Situation einem zweischneidigen Schwert.

Denn wenn die Liquidität an diesen Märkten austrocknet, wird Kapital in einem verstärkten Tempo abgezogen, das anderswo nach höheren Renditen oder Sicherheit sucht. Und eben jene Entwicklungen lassen sich nun in Mexiko beobachten. Das zentralamerikanische Land wirft seine Währungsreserven in den Ring, um den Außenwert des Peso zu stützen.

Konsequenzen aus der Beendigung des QE-Programms

Einige Anfälligkeiten Mexikos sind auch nicht hausgemacht, sondern eine Konsequenz aus der Beendigung des QE-Programms durch die Federal Reserve im Jahr 2013. Begonnen hatte diese Entwicklung bereits im Mai 2013 mit Bernankes Verbalakrobatik über eine Einstellung des QE-Programms der Fed, worauf das Programm im Dezember 2013 komplett auslief.

Dieser Entwicklung folgte alsbald die verbale Drohung von Janet Yellen auf dem Fuße, die Zinsen in den Vereinigten Staaten im Jahr 2015 anzuheben. Gleichzeitig führten diese Hinweise zu einem Anstieg des US-Dollars. Yellen hatte sich von ihrem geradlinigen Gerede zuletzt distanziert, doch der Schaden unter den Schwellenländern war bereits entstanden.

Folgen aus der hohen Mordrate

Mexiko leidet darüber hinaus unter einer enorm hohen Mordrate. Jahr für Jahr werden rund 25.000 Menschen umgebracht, größtenteils auf die anhaltenden Drogenkriege zwischen den heimischen Kartellen zurückzuführen. Diese Geschichte ist keineswegs neu, doch es wird nun langsam ernst, da ausländische Investoren aufgrund jener Tatsache nervös werden. Schlussendlich hat der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump seinen Landsleuten das Versprechen abgegeben, einen massive Mauer entlang der amerikanisch-mexikanischen Grenze zu erreichten. Seine Versprechen beinhalten zudem den Plan, Mexiko für die Errichtung dieser Mauer bezahlen zu lassen. Trump hat auch amerikanischen Konzernen wie dem Autobauer Ford gedroht, keine Jobs mehr nach Mexiko auszulagern oder neue Investitionen in Mexiko vorzunehmen. Egal ob Trump nun zum Präsidenten gewählt wird oder nicht, so verursacht allein dieses Gerede genug Schaden, weil sich Einstellung und Ausblick unter ausländischen Investoren gegenüber Mexiko ändert. Die (un)glorreichen sieben Faktoren - Wirtschaftsabschwünge unter Mexikos Handelspartnern, Kapitalflucht, heimisches Bankensystem Eigentum von Ausländern, sich abzeichnende Zahlungsausfälle, fiskalische Kontraktion, anhaltende Drogenkriege sowie politische Drohungen - machen den Ausbruch einer Rezession in Mexiko in absehbarer Zukunft nur allzu wahrscheinlich. Die Kurse an Mexikos Aktienmarkt sind im vergangenen Jahr nur leicht zurückgegangen, doch dieser marginale Rückgang startete von einem sehr hohen Niveau und wird noch einen tiefen Fall vor sich haben.


 

Gastbeitrag für CK*wirtschaftsfacts / © 2015 The Daily Reckoning, Agora Publishing

James Rickards war im Jahr 1998 federführender Unterhändler des durch die Fed auf dem Höhepunkt der Asienkrise orchestrierten LTCM-Bailouts. Er diente dem Pentagon und der CIA als Berater in Finanzstrategien und ist nicht nur renommierter Buchautor und gern gesehener Fernsehgast, sondern betreibt mit Tangent Capital auch sein eigenes Finanzunternehmen.

Ein besonderer Dank geht an The Daily Reckoning und den Verlag Agora Publishing in Baltimore/USA.

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